Bergfexin

Spaghetti al vento

mountaineering

ZS II 50°

4563 m

40 km

3400 Hm

4300 Hm

3 Tage

Klein Matterhorn

Rotenboden

Rifugio Quintino Sella , Capanna Gnifetti

Die Spaghetti Tour ist eine der Traumtouren aller Alpinisten. Während viele die light Variante über Naso und mit Auslassung der Dufourspitze machen und stattdessen unbedeutende italienische Grenzgipfel sammeln, wollten wie die «richtige» Spaghetti-Tour inklusive Liskamm und Dufourspitze machen. Die Überschreitung von der Signalkuppe zur Dufourspitze übersteigt jedoch deutlich mein Niveau, also wurde ein Bergführer engagiert. Für mich war es das erste Mal, dass ich mit Bergführer unterwegs war. Irgendwie finde ich Touren befriedigender, die ich «aus eigener Kraft erreiche», auch wenn sie einfacher sind. Diese Ausnahme sollte mich darin nur bestätigen… letztlich waren für den anvisierten Zeitraum Windböen über 80 km/h vorhergesagt und ich wollte die Tour eigentlich gar nicht starten. Aber gebucht ist gebucht und der Bergführer meinte, das würde schon gehen. Und so kam es, wie es kommen musste, der Windchill-Effekt war gross, der Spassfaktor eher klein, Hauptziel Dufourspitze nicht erreicht und viel Geld ausgegeben… naja wenigstens die Bilder kann man im Nachhinein ohne den Wind geniessen.

Tag 1: Klein Matterhorn – Castor – Rifugio Quintino Sella (WS+, 9 km, 650 Hm ↑, 900 Hm ↓, 5 h)
Auf dem Klein Matterhorn selbst kann man leider nicht mehr nächtigen, was zur Akklimatisierung sehr praktisch wäre. Wir verbrachten die Nacht daher in der Gandegghütte auf 3030 m. Diese erreicht man von der Bergstation „Trockener Steg“ in ca. 30 Minuten. Dass es mitten im Skigebiet von Zermatt so eine rustikale Hütte gibt (Aussentoiletten!), ist schon erstaunlich. Die Preise sind aber Zermatt-typisch völlig überzogen.
Mit der Bergsteigerfahrt um 7 Uhr fuhren wir am nächsten Morgen auf das Klein Matterhorn. Bereits am Stollenausgang pfiff der Wind so stark, dass ich am liebsten wieder heruntergefahren wäre. In der Querung unterhalb der Breithörner war der Wind zum Glück weniger stark und ab und zu zeigte sich auch der Castor in den Wolken. Den Pollux liessen wir bei den Bedingungen selbstverständlich aus, den gehen wir lieber mal allein bei besseren Bedingungen. Die WNW-Flanke des Castor wirkte von der Ferne ordentlich steil, tatsächlich gibt es aber ein paar flachere Absätze zum Verschnaufen. Auch hier gab es wie am Ortler fixe Firnanker. Die letzten 30 Meter über der Randspalte sind ordentlich steil (50° laut Karte). An den Felsen oben am Grat gäbe es auch eine Möglichkeit zum Nachsichern oder Abseilen. Der kurze Verbindungsgrat zum Gipfel ist ein richtiges Messer, immerhin brachte der Nebel hier den Vorteil, dass man die Tiefe nicht sah. Den Abstieg über den Südostgrat empfand ich um einiges einfacher, obwohl beide Routen mit WS bewertet sind (wieder einmal ein perfektes Beispiel dafür, dass zwischen den mit WS bewerteten Touren teilweise Welten liegen!). Vom Felikjoch ging es über ein kurzes Steilstüfchen auf den Felikgletscher hinunter, über diesen erreichten wir unschwierig das Rifugio Quintino Sella. Die modernisierte Hütte war mir sehr sympathisch, es gibt einen grossen hellen Essensraum und Cappuccino in Barista-Qualität 😉

Tag 2: Liskamm Überschreitung (ZS, 9 km, 1200 Hm , 1100 Hm ↓, 7 h)
Für diesen Tag war zwar Sonne angesagt, jedoch auch Windböen bis 80 km/h. Während fast alle anderen Gruppen auf den Naso umdisponierten, wollten wir zumindest den Liskamm-Westgipfel versuchen und dann mal schauen. Der erste Teil des Aufstiegs bis zum unscheinbaren Felikhorn ist gleich wie der Abstieg vom Castor. Vom Felikhorn geht es über einen breiten Rücken zur Westflanke des Liskamms. Diese ist noch steiler als der Castor, die Route auf den Liskamm-Westgipfel wird komischerweise jedoch auch mit WS bewertet. Für mich war diese lange steile Flanke nervenaufreibender als die Überschreitung selbst und ich war froh, dass uns der Bergführer im oberen Teil ein paar Stufen machte. Da der Wind am Westgipfel noch aushaltbar war, beschlossen wir die Überschreitung anzugehen. Zunächst folgt ein halber Kilometer Felsgrat, der nicht schwer zu klettern ist. An zwei Stellen, wo man abklettern muss, gab es Seilschlingen zum Sichern. Danach folgt ein flacher Schneegrat und zum Schluss geht es nochmals 50 Hm steil die Flanke zum Ostgipfel hinauf. Der Abstieg erfolgt über einen teilweise steilen Schneegrat, den ich jedoch angenehmer empfand als die Westflanke (oder einfach schon abgehärtet war). Schliesslich erreichten wir das Lisjoch, wo alle Schwierigkeiten vorbei sind. Über die Gletscherautobahn ging es hinunter zum Rifugio Gnifetti, wo wir uns den Luxus einer heissen Dusche gönnten. Abgesehen von dem Wind herrschten aber perfekte Bedingungen am Grat, sodass ich mich trotz der erheblichen Ausgesetztheit die ganze Zeit relativ entspannt fühlte.

Tag 3: Zumsteinspitze statt Dufourspitze (L, 12 km, 1000 Hm , 1700 Hm , 6 h)
Wieder waren Windböen bis 80 km/h vorhergesagt und bereits auf dem Weg zum Lisjoch wurden wir von Eiskugeln „gesandstrahlt“. Die Gletscherautobahn Richtung Capanna Margeritha erforderte zum Glück keine grosse Aufmerksamkeit, die Monotonie machte den Kampf gegen den Wind aber auch nicht besser. Dank guter Akklimatisierung erreichten wir in 2,5 Stunden die Zumsteinspitze. Dort entschied der Bergführer, dass wir die Überschreitung zur Dufourspitze nicht machen würden. Einerseits war die Enttäuschung gross, dass wir unser Hauptziel so kurz vor der Nase hatten und nicht erreichen konnten, andererseits war ich froh, dass wir bei diesem Wind nicht auf einem noch mehr exponierten Grat als am Liskamm herumturnen mussten. So stiegen wir über den Grenzgletscher zur Monte-Rosa-Hütte ab. Auf ca. 3800 m hatte ein frischer Gletscherabbruch die Route verschüttet. Auch wenn die Route einfach scheint, ganz sicher ist sie nicht. Ab 3600 m ist der Grenzgletscher ziemlich zerklüftet, die Wegsucherei durch das Spaltenmeer recht mühsam. Auf 3160 m stiegen wir vom Gletscher auf die Gletscherschliffplatten. Der Weg zur Monte-Rosa-Hütte ist gut mit Stangen markiert. Eigentlich hatten wir geplant, dort noch einmal zu nächtigen. Da wir aber so früh dran waren und die Wetterprognose für den nächsten Morgen nicht gut, wollten wir lieber gleich absteigen. Die Hütte kassierte dafür eine Strafzahlung von über 160 CHF. Meiner Meinung nach schon eine ziemliche Frechheit, dass man mit so horrenden Gebühren Bergsteigern jegliche Flexibilität bei der Tourenplanung verbauen will.

Monte-Rosa-Hütte – Rotenboden (L/T4, 7 km, 450 Hm , 400 Hm , 3 h)
Der Weg von der Monte Rosa Hütte zur Bergstation Rotenboden ist kein Spaziergang, hier müssen nochmals 450 Hm Anstieg in unwegsamen Gelände und teils auf Gletscher bewältigt werden. Es gibt zwei Varianten, einen neuen und alten Hüttenweg. Ich nahm den alten Weg über den schönen Gornersee. Bis dorthin ist der Weg noch angenehm. Dann steigt man über flüchtiges Geröll auf den Grenzgletscher ab, folgt diesem ein Stück (zum Glück gibt es Markierungsstangen!) und quert dann über unangenehmes Geröllgelände zum Gornergletscher hinüber. Für den kurzen Aufstieg über den Gletscher musste ich sogar nochmals die Steigeisen montieren. Schliesslich steigt man auf einem schmalen, mit Geländer gesichertem Korridor durch die glatt geschliffene Felswand nördlich des Gletschers auf und überquert einen reissenden Gletscherbach auf einer Brücke. Dahinter gelangt man über zwei lange Eisenleitern wieder in freundlicheres Gelände und erreicht bald die Kreuzung zum neuen Hüttenweg („Aussichtspunkt Gornergletscher“). Ab dort ist der Weg rot-weiss markiert. Dieser Weg quert nun mit spektakulärer Aussicht auf den Eisstrom in der Flanke des Gornergrates. Statt zur Bergstation aufzusteigen, folgt man dem Weg besser bis zur Station Rotenboden, damit spart man sich knapp 300 Höhenmeter. Obendrein kann man vom Rotenboden das berühmte Bild vom Riffelsee mit Matterhorn machen. Von Rotenboden bringt einen dann die Zahnradbahn in knapp einer Stunde zurück nach Zermatt.