Bergfexin

Fast auf die Les Agneaux

mountaineering

ZS III 40°

3664 m

17 km

1750 Hm

2 Tage

Bielerhöhe

Refuge du Pré de Madame Carle

Nach einigen Tagen Bergwanderungen im Écrins-Nationalpark wollte ich natürlich auch einen der grossen Gletscherberge besteigen. Auf einer französischen Website, die sich in etwa «10 Gipfelziele im Écrins für Alpinismus-Einsteiger» nannte, war auch der 3664 m hohe Les Agneaux gelistet. Eine Kombination aus spaltenarmem Gletscher und leichter Kletterei am Ende klang ganz nach unserem Geschmack. Ein Check bei Wikipedia lieferte die Schwierigkeitsbewertung F/II und bei camptocamp PD. Klang also machbar. Was uns dann aber erwartete, war ganz und gar keine Einsteiger-Hochtour… Ich glaube, die Definition von «einfach» ist im Écrins etwas anders als im deutschsprachigen Alpenraum. Im Vergleich zu den zahlreichen Kletterbergen in der Gegend mag diese Tour vielleicht Kindergarten sein, nach AT/CH/DE-Standards sollte diese Tour mit 45° Grad Gletscher und schlecht abgesicherter Kletterei 3c in brüchigem Fels aber definitiv als «ziemlich schwierig» eingestuft werden.

Ausgangspunkt für die Besteigung des Les Agneaux ist das Refuge du Glacier Blanc. Der Zustieg zum Refuge dauert ca. 2 Stunden (T3, 670 Hm, 5 km). Von der Hütte folgt man den Steinmännchen und Pfadspuren durch ein altes Moränenvorfeld zum Glacier Jean Gauthier (oder was davon noch übrig ist). Über das hartgefrorene Firnfeld geht es nicht allzu steil oben, bis man an eine Geröllhalde kommt. Über diese leiten wieder Steinmännchen zu einem zweiten, kleinen Firnfeld. Über eine Felsrampe kletternd, oder diese in einem Rechtsbogen umgehend, gelangt man auf ein Felsband, das zum Col du Monêtier führt. Nun folgt die erste Schlüsselstelle der Tour: Man muss durch eine steile, erodierte Rinne auf den Glacier du Monêtier absteigen. An dieser Stelle bräuchte es ganz dringend ein Fixseil, da man nirgends selbst sichern kann!

Der Weg über den Glacier du Monêtier war unproblematisch: Es gab keine Spalten und allzu steil war der Gletscher (anfangs) auch nicht. Aber: Kurz bevor man die Felswand erreicht, über die man zum Col Tuckett klettert, steilt sich der Gletscher auf, bis er oben ca. 45° erreicht. Um zum Col Tuckett zu gelangen, hat man zwei Möglichkeiten: Über eine Rinne, in der ein paar alte Fixseile hängen, laut Hüttenwart Kletterei zwischen III und IV. Oder die einfachere Variante über ein Felsband rechts von der Rinne, II-III. Natürlich wollten wir die einfachere Variante nehmen. Dummerweise hatten wir den Einstieg verpasst, weil wir bis zum Ende des Gletschers aufgestiegen waren, sodass der erste Stand mit Bandschlinge dann ca. 10 Meter unter uns war. Anfangs ist die Kletterei nur im zweiten Grad, aber der Fels ist schlecht. Alles, was man anfasst, bröselt dahin. Der obere Teil ist dann mehr plattig und III+. Sicherungsmöglichkeiten gab es nur etwa alle 20 Meter (2 Bandschlingenstände, 1x verlassenes Material, 1 Haken im plattigen Teil). Zwischensichern mit Friends war aufgrund des schlechten Felsens fast nirgends möglich. Man gelangt schliesslich etwas nördlich des Col Tuckett auf den Grat zwischen Pic Tuckett und Gipfel, wo sich ein weiterer Bandschlingen-Stand befindet. Der Grat war ziemlich luftig und die Steine sahen nicht gerade zuverlässig aus. Obwohl es nur noch knapp 150 Höhenmeter zum Gipfel waren, entschieden wir uns hier aufzugeben, da wir schon weit über der Normalzeit lagen. Vermutlich hätte die Kraxelei zum Gipfel mit Sichern noch eine Stunde gedauert.