Bergfexin

Ecuador

Plant man in seinem Leben einen 5000er oder 6000er zu besteigen, stösst man unweigerlich auf Ecuador. Das südamerikanische Land beheimatet neben neun 5000ern auch einen 6000er, der obendrein durch seine Lage auf dem Äquator der höchste – im Sinne von Sonnennächster – Punkt der Erde ist. Wem das nicht Argument genug ist, dann sei noch hinzugefügt, dass der Chimborazo einer der ganz wenigen 6000er ist, die im Alpinstil besteigbar sind. Im Gegensatz zu dem höchsten Berg der Anden, Aconcagua, für den man mindestens 12 Tage Expedition einplanen muss. Akklimatisieren muss man sich freilich gründlich, zum Glück gibt es in Ecuador zahlreiche weitere spannende Gipfel zu besteigen. Daneben sollte man sich etwas Zeit freihalten, um eine der schönen Kraterseen Laguna Cuicocha oder Quilotoa zu besuchen und einen Ausflug in den Regenwald zu machen. 

Unter den Tourenbeschreibungen findet ihr einen ausführlichen Text mit allgemeinen Reisehinweisen zu Ecuador (Verkehr, Sicherheit, Essen &Trinken, Wetter und Wettervorhersage) sowie Tipps für die Planung von Hochtouren (Permits, Agenturen, Bergführer) und meine persönlichen Erfahrungen zu Akklimatisierung und Ausrüstung.

Fuya Fuya

Leichter und beliebter 4000er bei Otavalo, ideal als Beginn eines Akklimatisierungsprogramms (T3, Variante T5).

zur Tour

Cañon del Río Toachi & Chami Wayku Aussichtspunkt 

Auf dem Weg zur Laguna Quilotoa kommt man an zwei Aussichtspunkten vorbei. Derjenige in den Cañon del Río Toachi kostet etwas Eintritt, das lohnt sich aber. Von zwei Aussichtsplattformen lässt sich ein Blick in den tiefen Canyon werfen. Fürs Instagram Foto gibt es auch extra eine «Herzbank»… Der Chami Wayku Aussichtspunkt liegt näher an Zumbagua und ist nur durch ein unscheinbares Schild gekennzeichnet. Es gibt keine Parkbucht, man muss etwas einen Feldweg hinauffahren. Von dem Aussichtspunkt eröffnet sich ein toller Blick in ein Schluchtensystem des Toachi Flusses.

Casa del Arbol 
Oberhalb von Baños liegt diese Mischung aus Botanischem Garten und Abenteuerspielplatz für Erwachsene. Neben vielen exotischen Pflanzen, die gerne von Kolibris besucht werden, gibt es eine Baumschaukel, ein Baumhaus und eine Seilrutsche. Für einen Rasttag nach dem Tungurahua genau richtig. Lässt sich auch gut mit dem Besuch der Cascada Pailón El Daiblo kombinieren. Das lohnt sich mehr als der Besuch der Thermen von Banõs, die sind eine ziemlich trübe Angelegenheit. Da besucht man besser die in Papallacta😉

Cascada de Peguche 
Otavalo wird meistens wegen dem indigenen Markt besucht. Uns diente die Stadt als Basis für die Besteigung des Imbabura, Fuya Fuya und der Laguna Cuicocha Runde. Hat man noch etwas Zeit übrig, lohnt sich ein Spaziergang durch den grünen Park zur Cascada Peguche. Der Zutritt kostet Eintritt, dafür ist der Parkplatz bewacht. Mückenspray nicht vergessen 😉

La Chorrera 
Will man eine Nacht zur Akklimatisierung für den Chimborazo möglichst hoch verbringen, stolpert man unweigerlich über die Chimborazo Lodge oder die Chakana Lodge (3800 m). Letztere ist zwar nicht ganz so «chic», dafür lässt sich von dort ein schöner Spaziergang zu einem Aussichtsfelsen über einer Schlucht machen. In die Schlucht kann man über einen mit Seilgeländer gefassten Weg zu dem Wasserfall La Chorrera absteigen. An den Felswänden der Schlucht gibt es übrigens auch Kletterrouten.

Sicherheit & Verkehr
Ecuador auf eigene Faust? Kein Problem! Auch wenn es heisst, dass die Kriminalitätsrate in den letzten Jahren stark gestiegen ist, so ist man als Tourist dennoch sicher, wenn man sich an ein paar Regeln hält. Dazu gehört zum Beispiel, keine Gegenstände im Auto auf den Wanderparkplätzen zu lassen. Klingt für die meisten selbstverständlich, aber ich habe anderes beobachtet. Da muss man sich dann natürlich nicht wundern… vorzugsweise bucht man sein Hotel ausserhalb der Stadt oder in den «bessern» Vierteln (in Quito z.B. Tumbaco). Alle guten Hotels findet man auch auf den einschlägigen internationalen Buchungsplattformen. Vom Autofahren habe ich vorab nur schlechtes gehört, tatsächlich war es halb so wild. Die Hauptverkehrsachsen sind alle in einem super Zustand und der Verkehr ist auch nicht schlimmer als in Südeuropa. Für den Zugang zu den meisten Bergtouren ist ein Auto mit ausreichend Bodenfreiheit unabdingbar.

Essen & Trinken
Das Essen ist für europäische Geschmäcker nicht sonderlich exotisch: Huhn, Rind und Fisch, meistens mit Reis oder Kartoffeln oder Kochbananen als Beilage. An touristischen Plätzen bekommt man auch Pasta. Man würzt gern mit frischem Koriander. Auf nicht durchgekochtes und so verlockend es wäre – frische Desserts wie Tiramisu und Eis sollte man besser verzichten, wenn man keinen Reisedurchfall will. Wer einmal Kaffee in Ecuador getrunken hat, der wird das bittere Gebräu, das man hierzulande serviert bekommt, nicht mehr geniessen können. Gleiches gilt übrigens für Kakao. Wasser trinkt man besser aus Plastikflaschen und frisch gepresste Säfte sollte man nur dort nehmen, wo es sauber aussieht. Einziges «Problem» für den Deutschen ist das Frühstück. Statt Brot bekommt man einen Fruchtcocktail serviert, insofern man nicht vorab seine Bedürfnisse anmeldet.

Wetter und Wettervorhersage
In Ecuador ist Trockenzeit = Bergzeit. Es gibt eine Trockenzeit im Winter von Dezember bis Februar und eine im Sommer im Juli/August. Tendenziell hat man im Sommer bessere Chancen auf blauen Himmel, aber es kann auch sehr windig sein, was den Gipfelaufstieg vermiesen oder verunmöglichen kann. Zudem sind die Gletscher oft eisig, was die Anstiege anspruchsvoller macht. Letztendlich entschieden wir uns aus folgenden Gründen für eine Sommerbesteigung: 1) Wir kamen trainiert und vorakklimatisiert aus den Alpen 2) Das Risiko mit einer Erkältung anzureisen gibt es im Sommer nicht 3) Eisige (gering steile) Gletscher sind für uns als erfahrene Bergsteiger kein Problem 4) Kaum Lawinengefahr. Mit dem Wind hatten wir wohl Glück…
Die einheimischen Bergführer sagen, das Wetter in Ecuador wäre nicht vorhersagbar, jeder Gipfel hätte sein eigenes Mikroklima. Was ich aber festgestellt habe: Wenn alle Wettermodelle von meteoblue und mountain-forecast.com Sonne vorhersagen, dann gibt es auch Sonne! Ist «schlechtes» Wetter vorhergesagt, liegen die hohen Gipfel aber manchmal über den Wolken. Das wissen die Bergführer und deswegen wird auch bei ungünstiger Wettervorhersage gegangen. Manchmal trifft es aber nicht zu und dann wandert man stundenlang durch eine feuchte Wolke, ohne etwas zu sehen (so passiert am Tungurahua).

Permits, Agenturen & Bergführer
Für 5000 m+ muss man (leider) einen Bergführer engagieren. Für jeden, der ab und zu Hochtouren in den Alpen macht, wären fast alle Gipfel einfach zu besteigen. Zumindest am Tungurahua, Illiniza Norte und Carihuairazo könnte man diesem Guide-Obligatorium aus dem Wege gehen, wenn man auf etwas Komfort verzichtet… will man auf die hohen Gletschervulkane, kommt man nicht drumherum, sich nach einem Guide umzusehen. An Angeboten mangelt es nicht, in Ecuador gibt es zahlreiche, auch englischsprachige Agenturen, die einem Bergführer, Permit und gleich noch dazu ein Hotel vermitteln. Den Individualisten zum Leidwesen bieten diese sogenannte «Packages» null Flexibilität, wenn man das Programm ändern möchte. Nach einigem Suchen haben wir eine Agentur gefunden, die uns einfach «nur» einen Bergführer für zwei Wochen durchgängig zur Verfügung stellte. Hotels und Programm planten wir selbst und profitierten dann auch tatsächlich davon, unsere Gipfeltage wegen Schlechtwetter ändern zu können. Ich rate dringend davon ab, Packages zu buchen, die nur zwei Akklimatisierungstouren und den Chimborazo beinhalten. Das sind Touristenfallen! Mit so wenig Akklimatisierung schafft das kein «Normalsterblicher». Die ecuadorianische Zertifizierung der Bergführer nennt sich ASEGIUM, zusätzlich gibt es UIAA zertifizierte Guides, die auch Englisch sprechen. Wie wir festgestellt haben, ist selbst das Niveau der UIAA Guides nicht mit denen der Alpen zu vergleichen, sowohl technisch als auch konditionell in tieferen Lagen hatten wir das Gefühl, fitter zu sein als unser Bergführer.

Akklimatisierung oder wie man sich auf einen 6000er vorbereitet
Viele Agenturen bieten ein Akklimatisierungsprogramm für den Chimborazo an. Manche davon sind jedoch unrealistisch kurz und bestehen nur aus 1-2 4000ern und zwei 5000ern (meistens dem Iliniza Norte und Cayambe oder Antisana, da der Cotopaxi im Moment aktiv ist). Wer nicht wie wir vorakklimatisiert aus den Alpen kommt, klappt dann schon am ersten Tag beim Spaziergang auf Quitos Hausberg (knapp 4800 m) zusammen! Spätestens aber dann beim Cayambe oder Antisana streichen viele die Segel (am Cayambe beobachtet 80 %). Die Erfolgsquote am Chimborazo beträgt laut unserem Bergführer ca. 60 %, was sich an unserem Tag (perfektes Wetter!) wieder nicht mit unserer Beobachtung deckte, wobei der Rest der Aspiranten trotz freien Plätzen im High Camp unsinnigerweise von der Carell Hütte startete.

Wir wollten unsere Akklimatisierung selber in die Hand nehmen und planten daher unser eigenes Programm. Die erste Woche bestiegen wir auf eigene Faust fünf 4000er, den Guagua Pichincha (4784 m), FuyaFuya (4279 m), Imbabura (4621 m), Pasochoa (4199 m) und Rumiñahui Norte (4718 m). Viel gebracht haben uns diese Gipfel für die Akklimatisierung vermutlich nichts, da wir auf der Höhe schon in den Alpen unterwegs waren und das Bergsteigen dort viel anstrengender ist. Aber schön war es trotzdem.

Die zweite Woche machten wir zusammen mit unserem Bergführer den 5023 m hohen Tungurahua (einfache Wanderung, aber anstrengend), den 5130 m hohen Iliniza Norte (kurz und etwas kraxeln) und den 5790 m hohen Cayambe. Leider gibt es ausser dem sehr schwierigen «El Altar» keinen Berg zwischen 5200 und 5800 m, was auf der Höhe ein ziemlich grosser Sprung ist. Am Cayambe fühlte ich mich ziemlich schwach und ich war mir sicher, dass ich den Chimborazo ohne mehr Akklimatisierung nicht zum geplanten Termin schaffen würde, weshalb wir unseren Ersttermin zugunsten von weiteren Akklimatisierungstagen opferten, ohnehin war das Wetter für den Gipfeltag nicht gut vorhergesagt. Ausserdem engagierten wir einen zweiten Bergführer, damit ich nicht unter dem Druck stehen musste, meinem Partner den Hauptgipfel zu ermöglichen. 

Die dritte Woche begannen wir mit Akklimatisierungstaktik: Drei Tage vor dem geplanten Gipfeltag machten wir einen Ausflug zu den 5300 m hohen Agujas de Whymper und schliefen dann im Refugio Carell auf 4800 m. Bei der Wanderung fühlten wir uns sehr frisch und klettern sogar auf der Nadel herum. Am nächsten Morgen stiegen wir zum High Camp auf, um schon mal ein paar Sachen hochzubringen. Der Bergführer begann mit einem ziemlich zügigen Tempo (350 Hm/h) und uns wurde übel, sodass die Zuversicht vom Vortag wieder zunichte gemacht wurde. Um uns zu erholen, verbrachten wir eine Nacht in der Chakana Lodge auf 3800 m. Von dort lässt sich ein schöner Spaziergang zu einem Aussichtsfelsen über einer Schlucht, oder mit etwas Auf- und Abstieg verbunden, zu dem Wasserfall La Chorrera machen. Am nächsten Tag stiegen wir erneut zum High Camp auf. Diesmal ging der Bergführer langsamer (250 Hm/h), sodass wir uns viel besser fühlten und am Ende sogar schneller ankamen als am Vortag (1:30 h statt 2 h). 

Zum Glück bin ich von «richtiger» Höhenkrankheit verschont geblieben. Eine leichte Grundübelheit war bei den hohen Bergen aber immer da, bei mir vermutlich auch aus Aufregung. Beim Aufstieg zum Chimborazo habe ich nur Traubenzucker gegessen und Wasser getrunken. Ich würde mich von leichten Symptomen erstmal nicht abhalten lassen. Dem Bergführer von meinem Partner war auch übel, er hat sich irgendwann unter der Tour den Finger in den Hals gesteckt, dann war es besser. Kopfschmerzen stellten sich beim mir seltsamerweise immer erst beim Abstieg oder im Tal ein – der Bergführer meinte, das wäre von der Dekompression. Leichte Benommenheit verspürte ich ebenfalls nur beim Abstieg – ich habe immer viel zu wenig Wasser getrunken! Leider halten einen die Bergführer nicht zu Trinkpausen an, die muss man selber einfordern.

Ausrüstung
Bezüglich Kleidung war ich sehr unsicher, was man braucht. Am Chimborazo (wenig Wind) trug ich eine Merinounterhose mit meiner Primaloft-Alpinskihose darüber, was ich auch im Winter zum Pistenskifahren trage. Am Cayambe trug ich zusätzlich noch eine Softshellhose, was sich als zu warm erwies. Obenrum trug ich zum Aufstieg ein langärmliges dickes Merino, eine dünne Daunenjacke, die ich zum Skitouren benutze, und darüber eine Hardshelljacke als Windschutz. Am Gipfel und zum Abstieg zusätzlich eine dicke Daunenjacke. Schuhe: Toni hatte sich für den Chimborazo extra die Phantom Tech HD gekauft. Er hatte aber genauso kalte Zehen wie ich mit meinen Scarpa Mont Blanc. Sehr wichtig sind dicke Handschuhe (am besten Fäustlinge). Ich habe extra in einem Bergshop in Quito (Tatoo Adventure gear) noch welche mit Komfortbereich -12°/Extrem -31° gekauft, weil ich merkte, dass meine Skihandschuhe nicht ausreichten. Ansonsten braucht man neben der Standard Hochtourenausrüstung aus den Alpen einen Schlafsack. Für mich hat Komfortbereich -8° voll ausgereicht. Die Anschaffung einer Schlafmatte war überflüssig, da es in allen Hütten Matratzen gab. Leider wurde uns das vorab falsch kommuniziert.